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Platte des Monats

Royal Canoe - Something Got Lost Between Here And The Orbit [Embassy Of Music]

Quelle: Embassy Of Music

Royal Canoe - Something Got Lost Between Here And The Orbit

Das kann ja wohl nicht wahr sein!? Da hat diese Band doch tatsächlich schon drei Alben rausgebracht, war mit Alt-J und Bombay Bicycle Club auf Tour und macht genau das, was wir gerade alle hören wollen: anspruchsvolle und ohne Ende experimentierfreudige Pop-Musik ­– und wir haben noch nie zuvor von Royal Canoe gehört? Nachholbedarf!  

Wenn man sich beinahe jeden Tag mit neuer Musik auseinandersetzt, hört man oft viele Bands zum ersten Mal. Die meisten vergisst man wieder. Die extrem begabte Folkband, der junge angesagte Produzent aus Brooklyn, die Rap-Sensation des Jahres, das Songwriter-Wunderkind – die Musikindustrie überschwemmt uns jedes Jahr mit haufenweise Versprechen. Unser Gehirn saugt alles auf wie ein Schwamm und wir wringen es aus, bis es nur noch etwas feucht aber nicht mehr klatschnass ist. Auch im kollektiven Gedächtnis bleiben am Ende nur wenige dieser musikalischen Hoffnungsträger.

Und dann entdeckt man selbst etwas ganz Neues, etwas, das komischerweise nicht Jahr für Jahr ein Teil der Hype-Flut war. Dann werden erst mal sämtliche Schubladen aufgerissen: Dieses Staccato, wie bei Everything Everyhting. Dieser mehrstimmige Falsett-Gesang, wie bei Alt-J. Verschroben klingt’s, wie Animal Collective. Tanzbar wie die Glass Animals. Und dann geht einem ein Licht auf: So etwas hat man vorher noch nie gehört. So etwas sind Royal Canoe!

Samplefreie-Zone!

Das kanadische Sextett aus Winnipeg veröffentlicht mit „Something Got Lost Between Here And The Orbit“ seinen neuesten Langspieler und der ist vielleicht die interessanteste Indie Platte des Jahres! Dass die Band dafür bekannt ist, statt auf Backing-Tracks zu setzen, lieber sechs Keyboards, zwei Schlagzeuge, Percussion und diverse Gitarren und Bässe quer über den Nordamerikanischen Kontinent zu karren, verwundert nicht. In den Songs von Royal Canoe passiert so wahnsinnig viel, da käme man auf der Bühne durch einen ordentlichen Sample-Überschuss ganz durcheinander.

Post-Anything - Neo-Everything

Heutzutage ist ja alles irgendwie Post. Der Punk, der Rock oder der Pop. Was nicht Post ist, ist Neo. Vom Soul bis zum Folk. Royal Canoe ist Post-Alles und ist dabei nicht mal überfordernd. Die ersten Songs auf „Something Got Lost Between Here And The Orbit“, „Somersault“ und „Walk Out On The Water“ sind, sollte es so etwas überhaupt geben, perfekte Blaupausen für einen Royal Canoe Song: Hibbelige Percussions, etwas dissonante Synthesizer, A capella-Chöre und mitreißende Gesangsmelodien. Doch dann klingt „Living A Lie“ plötzlich soulig. Der Beat ist reduzierter aber auch pointierter. Die Gesangstrukturen klarer. Diese Stimmung reißt „Checkmate“ wieder um, das klingt dann wie eine Hochzeit von Smooth-Jazz und Math-Rock. Mit einer klar dominierenden, Disco angehauchten Bassline. Der wilde Genre-Mix endet dann tatsächlich in Rap-Passagen bei „Love You Like That“, die auch später in „How Long Is Your Life“ wieder auftauchen, ehe die Kanadier in „Holidays“ wieder etwas zu ihrem gewohnten Soundbild zurückkehren und doch mit einem John Williams Star-Wars-Gedächtnis-Break die Spannung aufrecht erhalten.

Quo Vadis, Royal Canoe?

Wo die Reise für Royal Canoe hingeht? Raus aus dem Windschatten von Alt-J oder Bombay Bicycle Club? Man kann es nur hoffen! Unbedingt will man wissen wie diese Musik live rüberkommt. Man will die sechs Herren bestaunen, die beinahe doppelt so viele Instrumente auf der Bühne haben wie Bandmitglieder. Eine Band die sich auf einem Album schon so verausgabt, wie auf der Bühne vor Hunderten von Menschen: „I am collapsing so slowly, you never see me falling“ singt Frontmann Matt Peters, hörbar erschöpft von den gesanglichen Strapazen des Vorhergegangen. Von all dem Staccato, den Chören, den Kanonen. Ausgeruht hauen Royal Canoe dann mit „Bicycle“ noch einen Song auf die Platte, von dem sich Yeasayer wünschen müssten, er sei auf ihrem letzten Album gewesen, ehe sie sich in „BB Gun“ mit fast schon Destroyer ähnlichen Streichern, verträumt in ihren eigenen Orbit verabschieden. 

Verloren gegangen ist auf dieser Reise allerdings nichts. 

 

"Something Got Lost Between Here And The Orbit" von Royal Canoe erscheint am 16. September bei Embassy of Music.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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